The Dawn Wall

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Worum geht es?

The Dawn Wall ist ein Film von Bret & Josh Lowell und Peter Mortimer über die Besteigung der Dawn Wall, eine 900 Meter hohe und spiegelglatte Granitwand im Yosemite National Park in Kalifornien.

Die „Dawn Wall“, benannt nach der ersten Wand am ikonischen Berg El Capitan, die von der aufgehenden Sonne berührt wird, gilt als die härteste Kletterroute ihrer Art und bis 2015 als unbezwingbar.

Der Hauptprotagonist Tommy Caldwell, der vielleicht größte Felskletterer seiner Generation und unbestreitbar der Spezialist für El Capitan schlechthin, hat sich diese Route zuvor über den unglaublichen Zeitraum von sieben Jahren erarbeitet. Sechs Jahre verbrachte er dafür jeweils mehrere Monate, mit seinem Partner Kevin Jorgeson, auf der Route.

Zum Inhalt von The Dawn Wall

Die Geschichte beginnt zunächst mit seiner Kindheit, wie er zum Klettern kam, seinen Eltern und dabei vor allem mit der besonderen Rolle seines Vaters. Dann geht es um Caldwells Aufstieg in den Kletterolymp, mit dem Gewinnen der International Sport Climbing Championships im Jahr 1995. Ein wichtiger Teil ist dann seine Beziehung zu Beth Rodden, eine der bekanntesten Kletterinnen ihrer Generation, die er später heiraten würde.

Es folgt, wie er durch das erste erfolgreiche Freiklettern zahlreicher Routen, wie West Buttress und Dihedral Wall, im Yosemite National Park, insbesondere auf EL Capitan, immer bekannter wurde.

Es geht aber auch um die schweren Schicksalsschläge jener 2000er Jahre. Die traumatische Erfahrung einer Geiselnahme während einer Kletterexpedition in Kirgisistan im August 2000, als er zusammen mit Beth Rodden, Jason Smith und John Dickey von der Islamischen Turkestan-Partei entführt wurde.

Die spätere Scheidung von seiner Frau Beth Rodden wird thematisiert, denn aus den daraus folgenden Depressionen entsteht in Caldwell die Idee, die Herausforderung „Dawn Wall“ als Ablenkung zu nutzen.

"Finding something to obsess about so that I would not obsess about my divorce"

Tommy Caldwell

Der Film zeichnet dabei ein Bild von Caldwell, das wichtig ist, um diesen zurückhaltenden Menschen zu verstehen. Man bekommt eine Ahnung, wie er es zu diesen Leistungen bringen konnte und woher er die Motivation für so ein wahnwitziges Vorhaben wie der Dawn Wall schöpft.

Der Film wählt dabei immer wieder das Stilmittel des Zeitsprunges zwischen der laufenden Dawn Wall Begehung und der Geschichte davor.

Last but not least wird natürlich auch auf Jorgeson eingegangen, seine Vergangenheit als Kletterer und wie er zu dem Projekt kam. Jorgeson war zu jener Zeit einer der besten Boulderer der Welt, hatte aber praktisch keine Erfahrung im Felsklettern an großen Wänden. Anders gesagt, viel höher als 10 Meter war er bis dahin noch nicht gekommen.

"2009 I was at the top of my game in bouldering and looking for something new."

Kevin Jorgeson

Danach thematisiert der Film jene langen sechs Jahre, als die beiden immer und immer wieder versuchen die schwierigsten Passagen zu entschlüsseln. Als Zuschauer muss man ganz einfach den Kopf schütteln über so viel Ausdauer und Entschlossenheit.

"I could never tell if we were wasting our time or we were in pursuit of something grant"

Kevin Jorgeson

Nachdem die Vorgeschichten erzählt und die Charaktere eingeführt wurden, ist nur noch das Klettern im Fokus. Die Dawn Wall ist ein so gigantisches Unterfangen, dass der Film hier zu Recht einen Schwerpunkt setzt. Die Kletterszenen sind perfekt in Szene gesetzt, man merkt schnell, dass die Filmmacher schon lange in diesem Geschäft sind und es verstehen diesen Extremsport zu inszenieren.

Die Dawn Wall wird frei geklettert, das bedeutet die Ausrüstung wird nur zur Sicherung verwendet und nicht zur Unterstützung. Das Team lebt während der gesamten Zeit auf der Mauer, 19 Tage lang. Was das den beiden Kletterern und der Crew abverlangt kann man sich kaum ausmalen, obwohl der Film das in Teilen gelungen transportiert.

Auch der Medienrummel rund um das Projekt wird thematisiert und hilft bei der Immersion in den Film.

Ein Höhepunkt, der seinerzeit die halbe amerikanische Nation beschäftigt hat, ist, wie Jorgeson in der Mitte, in der Seillänge 15, nicht mehr weiterkommt und an der Dawn Wall zu scheitern scheint. Nach zwei erfolglosen Tagen entscheiden sie, dass Caldwell allein weiter macht. Es gelingt Caldwell dann auch fast die Dawn Wall zu bezwingen, aber kurz vor dem Ende und damit dem Erreichen seiner Ziele und Träume, nach mehr als sieben Jahren entscheidet Caldwell sich dazu, zurückzukehren.

"Wino Tower was this huge victory, but I felt alone. Going to the top without Kevin would be devastating"

Tommy Caldwell

Er entschließt sich dazu, die Dawn Wall nicht zu verlassen, bis auch Jorgeson so weit ist wie er, damit sie den Erfolg gemeinsam erreichen.

"Somebody less gracious then Tommy Caldwell might have said “I gota go without you”"

John Branch

Wie das ausgeht will ich hier nicht verraten, aber an Spannung mangelt es nicht, so viel ist gesagt.

Mein Fazit zu The Dawn Wall

The Dawn Wall ist für mich der größte Kletterfilm aller Zeiten und wird der unglaublichen Leistung von Caldwell und Jorgeson durchaus gerecht. Es ist bedauerlich, dass der Film leider erst einige Jahre nach dem Abdrehen auf den Markt kam und von dem ebenfalls großartigen Film Free Solo überschattet wurde, der dann zur selben Zeit die Öffentlichkeit dominierte.

Während Free Solo einen starken Schwerpunkt auf Psyche und die Charaktere rund um das Klettern setzt, ist The Dawn Wall ein hardcore Kletterfilm. Natürlich geht es auch um Caldwell und Jorgeson als Personen, aber die wahre Stärke des Films liegt darin, die eigentliche Kletterleistung zu würdigen. Der Film endet mit dem Vergleich zu einer Mondlandung. Das ist vielleicht etwas übertrieben, aber auch nicht so weit weg, wie man denken mag.

Vor allem die Schwierigkeiten von Jorgeson die Seillänge 15 zu packen, gehören zu dem Spannendsten, was ich jemals in einer Dokumentation gesehen habe. Obwohl man den Ausgang kennt, ist das auch nach mehrmaligem Schauen immer wieder packend.

Die Einführung in die „Dawn Wall“ selbst, ist die beste Inszenierung einer Kletterroute aller Zeiten. Das könnte ich mir pausenlos ansehen. Es bleibt aber natürlich ein Film, der zusammenfasst und vereinfacht. Wer mehr wissen will, dem kann ich Caldwells Autobiographie The Push wärmstens ans Herz legen.

Alles in allem ein toller Film mit einem außergewöhnlichem Hauptcharakter. Tommy Caldwell, einer der Klettertitanen unserer Zeit, ist bescheiden, fast schon schüchtern, mit einem inspirierenden Wertegerüst. Als Charakter, wie als Sportler, ist er für mich ein Vorbild und The Dawn Wall zeigt warum.